Sim-Jü - Ein Jahrmarkt mit über 650 Jahren Tradition

Werne - Wenn der Bürgermeister vor dem alten Rathaus die historische Freifahne hisst, kann dies nur eines bedeuten: Sim-Jü, der älteste noch bestehende und urkundlich verbriefte Freimarkt Westfalens, öffnet wieder seine alljährlichen Pforten.

 

Im Jahre 2012 feierte der Simon-Juda-Markt seinen 650. Geburtstag, wobei es ihn ehrlich gesagt schon viel länger gibt. Der damalige Landsherr (der kein geringerer war, als der Bischof von Münster) gewährte seiner Grenzstadt Werne, jedes Jahr zu Simon und Juda einen freien Jahrmarkt zu kredenzen.

 

Das älteste Dokument der Werner Stadtgeschichte belegt urkundlich, dass das Volksfest schon viele Jahre vor 1362 als Jahrmarkt stattgefunden haben muss. In der Urkunde steht sinngemäß übersetzt nämlich folgender Wortlaut: „die Kirmes, die da pflegt zu sein zu Simon und Juda-Messe“ … Demnach fand der Jahrmarkt also schon vorher statt. Aber der Werner an sich ist ja nicht so, und lässt 1362 jetzt einfach mal so als Entstehungsjahr stehen.


Der Simon-Juda-Markt war ursprünglich ein ganz einfacher Freimarkt – also ein Umschlagplatz für Geld und Waren aller Art, der stets um den Simon- und Juda Tag (dem 28. Oktober) stattfand und immer noch stattfindet.

 

Auch wenn auf dem Kram- und Viehmarkt (immer am Sim-Jü-Dienstag) ein Hauch von Freimarkts-Flair durch die Stadt zieht, kann man sich auf einem Mittelaltermarkt eher ein Bild davon machen, wie das damals abging.

Der Begriff „Simon-Juda-Markt“ wird hier heute kaum noch genutzt. Eher wird man sogar komisch angeguckt … Aber sagt man dann „Sim-Jü“, scheppert es in allen Köppen vor lauter Groschen, die da fallen. Es soll sogar schon Kinder gegeben haben, die eher „Sim-Jü“ Sagen konnten, als „Mama“ oder „Papa“. Bestätigt ist das jedoch nicht. Und je näher man dem Datum kommt, umso mehr steigt das Verlangen nach dieser typisch westfälischen Volksfest-Gemütlichkeit. Ganz gleich, ob man mit der Familie, in der Gruppe mit Freunden oder als Pärchen über das Volksfest flaniert – es ist für jeden etwas dabei. Dieses Fieber erhöht sich auch schlagartig um das Doppelte, wenn am Hagen das Gewerbezelt und das Bayernzelt aufgebaut werden.


 

Was früher noch unter dem Siegel des Belustigungs-Gewerbes stand, hat sich im Laufe der Zeit natürlich dezent verändert. Größer, höher, schneller – und vor allem heller! Die buntbeleuchtete Farbenpracht der Fahrgeschäfte trägt ebenso zum Ambiente bei, wie der Duft von frisch gebrannten Mandeln, oder der köstlichen Kirmes-Bratwurst. Allerdings handelt es sich immer noch um das fahrende Volk. Einige Schausteller-Familien, wie z.B. Arens, Wendler, Hornig, Petter, Kleuser und Bügler bestimmen schon seit Generationen das Jahrmarkt-Geschehen und gehören zum traditionellen Stamm auf Sim-Jü. Auch die Familie Ritter gehört mittlerweile zum Inventar. Für mich gehört zumindest ein Gruß an Charlie (Der Elch an der Hauswand) zu Sim-Jü. Es ist also eher eine etwas neuere Tradition zippelmützigerseits.

 

Aber egal ob alt oder neu - Eines ist aber sicher: Solange die Freifahne zu Sim-Jü weht, ist Jahrmarktsstimmung garantiert!


Sim-Jü-Experte Rainer Schulz
Sim-Jü-Experte Rainer Schulz

Und dann noch ein Wort in eigener Sache:

 

All diese Informationen über Sim-Jü kann man recherchieren – klar. Aber zum Glück gibt es hier in Werne eine Person, die zu Sim-Jü gehört, wie die Freifahne! Diese Person ist Rainer Schulz! Ein wandelndes Sim-Jü-Lexikon! Seit seiner Geburt lebt er das größte Volksfest an der Lippe, und ich kenne keinen anderen, der so viel – und in einer solch faszinierenden Art und Weise über Sim-Jü erzählen kann, wie er! Ich denke, wenn man schon über Sim-Jü-Traditionen spricht, darf man Rainer Schulz nicht außen vor lassen.